Stree­to­lo­ge un­ter­wegs im Ruhr­ge­biet

Auf Tour mit Pim van den Berg

Zu sehen ist eine Luftaufnahme der Skyline vom Ruhrgebiet, blauer Himmel und eine Autobahn.

Was ist ausschlaggebend dafür, ob Menschen in ihrem Wohnraum zufrieden oder unzufrieden sind? Wie ist Wohnraum beschaffen und wie muss er beschaffen sein, um lebenswert zu sein? Genau mit diesen Fragen befasst sich Pim van den Berg. Der Niederländer, der seines Zeichens Fotograf und Streetologe ist, beschreibt seine Arbeit als augenöffnend. Er definiert die „DNA“ von Städten – und war auch schon im Ruhrgebiet unterwegs. Seine Erkenntnisse hat er mit uns geteilt.

Wenn Pim van den Berg durch Städte läuft, schaut er genauer hin. Der Niederländer ist so etwas wie ein professioneller Straßenwanderer. Er schaut, um die Städte zu verstehen. Das geht über fotografische Dokumentation, aber auch über Gespräche mit Bürger:innen vor Ort. Denn Städtebau und -entwicklung sind immer öffentliche Angelegenheiten und sollten ihm zufolge daher immer von den Bewohner:innen ausgehen.

Der Niederländer bezeichnet sich selbst als Streetologe. Was das eigentlich bedeutet? Er zeigt auf, was Städte ausmacht, schafft genau dafür Bewusstsein – und verwendet dieses Wissen für Visionen von lebenswerten Städten. Er stellt also seine Überlegungen zu lebenswerten Straßenräumen vor, in denen Menschen sich wohlfühlen können – getreu dem Motto: „Das Jetzt verstehen und für das Morgen nutzen.“  

Portrait des Streetologen Pim van den Berg beim Expertenforum 2022
Zitat-Anfang Bei Klima geht es nicht nur um Grün und Wasser, sondern auch um das Miteinander. Klima ist sozial und emotional. Zitat-Ende

Pim van den BergStreetologe

Pim van den Berg im Ruhrgebiet

Stadtgrün im Fokus

Wie kaum eine andere Region zeichnet sich das Ruhrgebiet durch Industrie aus. Das Ende von Kohle und Stahl bedeutete gleichzeitig aber einen Aufschwung für die Umwelt. Auf Industrie reduziert zu werden, ist also nicht mehr zeitgemäß und wird der Region nicht gerecht – findet auch Pim van den Berg, der eine neue Dynamik im Ruhrgebiet erkennt. Die Region befindet sich ihm zufolge auf dem Weg in ein neues Zeitalter. Ein Zeitalter der Technologie. Unverkennbar sind dabei die Bestrebungen in Richtung einer nachhaltigen und grünen Zukunft.

Grün in der Stadtplanung

Seine Tour durch das Ruhrgebiet hat Pim van den Berg mit der Zukunftsinitiative Klima.Werk gemacht – und in zahlreichen Bildern festgehalten. Diese präsentierte er beim Expertenforum 2022 in Herne. Im Rahmen der Veranstaltung hielt er einen Impulsvortrag und stand außerdem für Diskussionen bei einem Workshop zum Thema Stadtplanung zur Verfügung.

Pim van den Berg beim Expertenforum 2022
Der Streetologe Pim van den Berg beim Expertenforum der Zukunftsinitiative Klima.Werk 2022 in Castrop-Rauxel.

Dabei hielt er den Teilnehmenden auch den Spiegel vor Augen: Es gibt mittlerweile viele Beispiele für gelungene Stadtplanung, die Grün, Wasser und die Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt, aber noch immer gibt es zu viele aktuelle Beispiele für versiegelte Flächen, wenig Grün, Plätze ohne Aufenthaltsqualität oder das Prinzip „Das Auto hat Vorrang“. Im Folgenden ein paar Eindrücke von seiner Rundfahrt durchs Ruhrgebiet:

Mehr Stadtgrün, mehr Lebens­qualität

Städtebau der Zukunft – auch fürs Ruhrgebiet

Umdenken in Richtung mehr Stadtgrün ist ganz im Sinne einer klimaresilienten Stadt, welche die Zukunftsinitiative Klima.Werk zum Ziel hat. Das Netzwerk spielt nach Ansicht von Pim van den Berg eine wichtige Rolle, denn „es geht um die nächsten Generationen, um unsere Kinder und letztlich auch um uns selbst“.

Auf dem Weg in eine grüne Zukunft sei es wichtig, Menschen abzuholen, so der niederländische Experte: „Wir haben Spezialist:innen, aber es muss auch der Kontakt zu den Menschen vor Ort aufgebaut werden. Es geht darum, eine Mentalität und ein Gefühl zu vermitteln. Wir müssen die Bevölkerung erreichen – mit Bildern, wie es in der Zukunft aussehen soll. Wir müssen erklären, was es heißt, grün zu denken. Warum sollte der Garten grüner sein? Und warum sollte es nicht so viele Autos geben?“ Zu einer grünen Zukunft gehört es also laut Pim van den Berg, dem Auto weniger Platz und grüner Infrastruktur wie Parkanlagen, Spielplätzen oder Siedlungsgrün mehr Platz einzuräumen.

Im Ruhrgebiet wird viel gebaut, stellte der Streetologe bei seiner Tour fest. Die Infrastruktur ist für den steigenden Mobilitätsbedarf jedoch nicht gewappnet. Die Verkehrslage ist in der Region dementsprechend angespannt – und auch das hat der Streetologe fotografisch dokumentiert.

Info

Pim van den Berg arbeitete zehn Jahre als Vertriebsdirektor & Marketingexperte, machte elf Jahre Station im Einzelhandel. Heute ist er mit seinem Unternehmen „Pim van den Berg Perspectives“ als unabhängiger Berater tätig – zum Beispiel für Privatpersonen, Unternehmen, Marken und Kommunen. Der gebürtige Niederländer setzt dabei den Fokus auf Streetologie, wörtlich übersetzt „Straßenlehre“.

„Klima ist sozial und emotional“

Das Ruhrgebiet hat sowohl dörfliche als auch städtische Seiten: Sehr große Teile der Region – auch der Großstädte – zeichnen sich durch Grünflächen aus. Diese Entwicklung weg von Industrie hin zu Renaturierung verleiht der Region eine neue Identität.

Ruhrgebietskultur: urbane Natur

Stadtgrün ist dabei nicht nur aus Klimagründen sinnvoll, sondern schafft für Anwohner:innen eine neue Lebensqualität – wie Pim van den Berg es beispielsweise an Kleingartenvereinen festmacht. Demnach seien diese im Ruhrgebiet nicht nur ein Rückzugsort in der Natur, sondern auch eine Rückerinnerung an und ein Besinnen auf gemeinschaftliche Traditionen in der Region.

Auf seiner Tour durch das Ruhrgebiet traf der Niederländer zum Beispiel in Dortmund Aplerbeck auf den Schrebergartenbesitzer Jürgen. Im Gespräch erklärte dieser ihm: „Wir Menschen haben den Kontakt zur Natur verloren. Den finden wir hier in der Gartensiedlung wieder. Hier ist eine große Gemeinschaft von Naturfreunden. Jeder auf seine Art. Aber was uns alle verbindet, ist die Liebe zur Natur. Lauter Gleichgesinnte, die alle ihre eigene Naturerfahrung erleben. Niemand lässt es schleifen. Jeder Garten wird auf seine Weise gepflegt.“ 

Pim van den Berg: Perspectives

Weitere Informationen zum Streetologen Pim van den Berg und seiner Arbeit sind auf seiner Website „Perspectives“ zu finden.

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